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Schoene, gebaerwillige Frauen fuehlen sich bekanntlich - ebenso wie weniger
schoene Frauen und Vogelweibchen, aber das ist hier nicht der Punkt -
angezogen von Maennern, die ein Haus respektive Nest bauen koennen.
Im buergerlichen Normalfall heisst das: von Maennern, die genug verdienen, um
ein Haus bauen lassen zu koennen. In unbuergerlichen Kreisen ist die Aussage dagegen woertlich zu nehmen. Du weisst, wie man ein Fundament betoniert?
Du kannst eine Ziegelwand mauern? Einen Dachstuhl zimmern, Fenster, Tueren und Treppen schreinern? Und alles mit dem bisschen Geld, das wir haben? Dann komm, Geliebter, in meinen Schlafsack.

Peter der Fuchs, von dem letzte Woche schon die Rede war, hat sich handwerkliche Faehigkeiten beigebracht in den letzten 30 Jahren.
Das gleiche gilt fuer Ronnie, Anurakta, Kamlesh und die anderen Maenner,
die im Zwiethal, der versteckten Landkommune zwischen Neuoetting und Eggenfelden leben - zusammen mit auffallend vielen schoenen Frauen.
Peter, der einstige Muenchner Soziologiestudent, werkelt gerade am neuesten Anbau, einem tuerkischen Dampfbad mit Glasveranda, auch im Hinblick auf Arthrose und andere Altersbeschwerden, die die Bewohner zu plagen beginnen.
Der Mann hat etwas unvermutet Fuersorgliches: ein Fuchs nach aussen,
ein Kuemmerer nach innen. Pater communae.
Ronnie hingegen bastelte was Neues fuer die Kinder: Droben in den Baeumen
des blickdicht hochgewachsenen Biotops hat er ihnen eine Schlafplattform gebaut. Auch bei Tag sind sie gern oben. Die Muetter freut´s, sie sitzen unweit an den Gartentischchen des Cafe Calypso, das Ronnie - aber das muss jetzt bitte unter uns bleiben - im Zwiethal betreibt. Sehr huebsches Ensemble, bisschen wie ein Strandcafe in Goa. Und alles selbst gebaut.

Vor kurzem habe ich hier von meinen Nachbarn im Chiemgau, der baeuerlichen
Grossfamilie berichtet. Uroma, Großeltern, Eltern und zweijähriges Kind unter
einem Dach: blutsverwandt, schicksalhaft, das traditionelle Familienmodell.
Schoen, wenn es harmoniert. Hoellisch, wenn trotz Hass und Verachtung
zusammengeblieben werden muss. „Die selbst gesuchte Familie -“, sagt U,
eine der Frauen vom Zwiethal, „deswegen lebe ich in der Kommune.“
U heißt U, bitte keine Fragen, auch die selbst gesuchten Namen sind Ausdruck
der Abnabelung. Peter (der sich Pjotr nennt) hatte eher finanzielle Gruende.
Er wollte ein Haus auf dem Land, aber es allein zu kaufen, waere viel zu teuer
gewesen: „Da haett ich mich an einen Arbeitgeber verkaufen muessen. Die gemeinsam finanzierte Kommune war der einzige Weg.“
Sie waren zu zehnt, jede und jeder garantierte für 10 000 Mark. 70 00 kostete Zwiethal, das Bauernsachl mit Grund, das ihnen der legendaere Pfarrkirchner Makler Schamboeck für 3000 Mark Bares zuschanzte, charmiert von der schoenen, schwangeren Dorle, die spaeter, aber das ist eine andere Geschichte, nackt unter einem indischen Wasserfall fuer eine jener gern gelesenen „Stern“-Reportagen über Aussteiger und mystischen Megasex beim Baghwan posierte; das Foto, heute komisch in seiner arrangierten Verzueckung, haengt bei Pjotr an der Wand.

Pjotr der Fuchs hat seine 68er-Utopie von alternativer Familie und selbstbestimmter Arbeit verwirklicht. Er besitzt in Muenchen ein Taxi, von den Ertraegen kann er leben, ohne selbst noch fahren zu muessen. Er hat nie einen Pfennig Staatsknete bezogen. Er ist schlau umgegangen mit der Gesellschaft, aber nicht ehrlos. Seine Landkommune, seine Großfamilie haelt bei aller Fluktuation seit drei Jahrzehnten zusammen - nicht selbstverstaendlich in der Szene. Und die anderen Gschichtln? Vom Dope und den Trips und den kiffenden Cops in Berg am Laim? Ach lassen wir das. Tempi passati .
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Dilloo's
Kolumne
SZ, 04.09.2003
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